Aktuell ist eine gewisse Verunsicherung zu beobachten: Während die Preise rasant steigen, getrieben von Pandemiefolgen, Energiepreisen und Versorgungsengpässen auf einigen Teilmärkten, dämpft die kritische politische Lage rund um den Ukraine-Krieg die Konjunktur-Erwartungen. Steigende Zinsen und restriktive Finanzierungsregeln schränken den Zugang zu Krediten für Immobilieninvestments ein bzw. verteuern auf den ersten Blick das Investment.
Warten oder kaufen?
Da die Erfahrung sagt, dass Immobilien langfristig die Inflationsrate ungefähr abbilden, ist es im aktuellen Umfeld wohl nicht unvernünftig, anzunehmen, dass man für die gleiche Immobilie in zehn Jahren mindestens ein Drittel mehr bezahlen wird müssen. Wer früher kauft, kauft also billiger – wer jetzt investiert, entgeht dem Inflationsschub der nächsten Jahre. Das Gegenargument soll nicht unerwähnt bleiben: SkeptikerInnen meinen, dass die Immobilienpreise stagnieren oder sinken werden, weil die Nachfrage auf Grund der allgemeinen Teuerung und der Finanzierungsbremse sinkt und EigentümerInnen zum Verkauf gezwungen sein werden. Das mag für einzelne EigenheimbesitzerInnen zutreffen, für Wohnhäuser in mittleren bis guten Vermietungslagen ist mit einem Preisrückgang aber nicht zu rechnen.
Dafür sorgen vor allem zwei Faktoren: Erstens der zunehmende MieterInnenanteil in der Bevölkerung aufgrund des Zuzugs in die Städte und der erschwerten Leistbarkeit von Eigenheimen und zweitens die Verknappung des dafür zur Verfügung stehenden Bodens. Wer also auf sinkende Immobilienpreise spekuliert, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit den Zug verpassen. Fazit: Wer in 10, 20 oder 30 Jahren zurückblickt, wird erkennen, dass es langfristig keine Rolle spielt, ob er jetzt 10, 20 oder 30% mehr bezahlt. Schmerzhaft wird nur sein, nicht investiert zu haben.
Warum Zinsen keine Rolle spielen.
Groß ist auch die Angst vor steigenden Finanzierungskosten. Lange waren ja die Zinsen so niedrig, dass junge Erwachsene Zinssätze von 3 % als lebensbedrohlich empfinden müssen. Ältere Menschen wissen aus persönlicher Erfahrung, dass das natürlich nicht der Fall ist – aber warum eigentlich nicht? Nehmen wir eine vermietete Immobilie als Beispiel, und gehen wir von einer Erhöhung des Finanzierungszinssatzes um die Hälfte aus, z.B. von 2 % auf 3 % p.a. Die absolute Auswirkung dieser Zinserhöhung wird durch drei Faktoren verringert:
1. die Zinsen werden vollständig abgeschrieben
2. durch die laufende Tilgung sinkt die Berechnungsbasis
3. durch die Inflation wird die Rückzahlung real immer billiger
Gleichzeitig steigt auf der anderen Seite die eingenommene Miete in der Regel (mindestens) mit dem Verbraucherpreisindex, und zwar dauerhaft, d.h. auch wenn die Zinsen wieder sinken sollten bzw. die Immobilie entschuldet ist. Früher oder später werden daher die zeitweilig erhöhten Finanzierungskosten durch die Mietenvalorisierung unvermeidlich überkompensiert. Der jeweilige Restkredit wird auf Grund der Inflation mit immer billigerem Geld zurückgezahlt, während andererseits die finanzierte Immobilie im Wert steigt.
Vier Freunde.
Zinsen, Inflation, Wertsteigerung und Mietenvalorisierung sind nicht isoliert zu sehen, sondern schützen im Zusammenspiel das Immobilien-Investment vor inflationsbedingten Verlusten. Die Inflation ist daher durchaus der Freund des Immobilien-Investments – sie macht die Kredite billiger und lässt die Renditen steigen.
Wolfgang Schneider / 10.2022